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Brasilia

Der Interkontinentalflug war ohne besondere Aufregungen vorübergegangen. Dabei hatte ich erst gefürchtet, ich müsse auf einen Großteil meines Gepäcks verzichten, aber offensichtlich war man bei der Fluggesellschaft auf Übergewicht eingestellt.

Jetzt saß ich neben dem Piloten der 2-motorigen Cessna, der mich zu jener nur durch geografische Koordinaten bestimmten Stelle im Amazonas-Urwald bringen sollte, zu der mich meine Auftraggeber so eilig hatten rufen lassen.

Ich dachte darüber nach, daß ich vor 3 Tagen noch nichts von diesem - wie nannten sie es - "kleinen Ausflug" gewußt hatte, während ich mir die endlosen Flächen der dunklen Baumkronen betrachtete.

Anonymous (Anonymous) 199/132
Noch einmal ueberpruefte ich den Inhalt des kleinen roten Koffers, den ich noch am Flughafen von Paris von meiner Chefin erhalten hatte: er war laut beiliegender Liste vollstaendig und unversehrt. Mir war nur unklar, was um alles in der Welt ich im brasilianischen Urwald mit einer anderthalb Wochen alten Ausgabe einer daenischen Zeitung und einem halben Dutzend Stahlkugeln von jeweils ca. einen Zentimeter Dicke anfangen sollte. Am meisten aber wunderte ich mich ueber die beigelegte Holzfigur. Von handlichem Format schien sie einen uralten Indianer darzustellen, war von einem dunklen, blankpoliertem Holz, das im Gegenlicht dunkelblau schimmerte und nur an der ueberproportionalen Nase und den gebeugten Knien des erhaben dreinblickenden Eingeborenen mit bemalt war.

Neben diesen Gegenstaenden fand ich noch eine Reihe eher nuetzlicher Gegenstaende, wie z.B. ein kleines Werkzeug-Set und (dazu passend) gestaerktes Verbandsmaterial. Ich legte alles zurueck und liess die Schloesser zuschnappen.

Ich liess meinen Blick ueber die gruene Wueste unter uns schweifen, als der Pilot ploetzlich wie verrueckt zu fluchen anfing.

Tobias (Anonymous) 50/141
Durch das lautstarke Fluchen des Piloten aus meinen Gedanken an Selina gerissen, war ich im ersten Moment wie paralysiert. Obwohl ich den fremdensprachlichen Wortfetzen des Piloten keine Bedeutung zuordnen konnte, erkannte ich bald, worueber der sich Brasilianer so temperamentvoll aufregte.

Auf 5 Uhr, etwa 150 m unterhalb von uns, schoben sich zwei ausgediente Kampfflugzeuge der ehemaligen DDR in unsere Richtung. Sie schwenkten ein und waren nur noch wenige Meter von unserer wehrlosen Chessna entfernt. Ich konnte genau die Skorpione erkennen, die auf die Tragflaechen der Jets gemalt waren.

Der Pilot schaute mich mit bitterboeser Mine an, ein Aederchen platze auf seiner Stirn, seine Augen quollen aus den Hoehlen. Er schrie mich in einem furchtbar schlechten Englisch an und fragte, wie ich nur dazu kaeme, ihn so ihn Gefahr zu bringen. Sofort hielt er mir einen Fallschirm unter die Nase und meinte, wenn noch ein wenig Ehre in mir stecke, solle ich sofort das Ding anlegen und aussteigen.

Da der Fallschrim in mir keinen all zu sicheren Eindruck erweckte, ueberlegte ich mir, wie wohl die Chancen staenden, den Piloten zu ueberwaeltigen. Er war nicht allzu kraeftig gebaut und schielte.

TTC (94ti006@ba-mannheim.de) 83/140
Sein Schielen vereinfachte meine Entscheidung in entscheidendem Maße; Ist es nicht denkwürdig, dass physiognomische Mängel Angst vor dem Gegner in uns provozieren ? Als ich die Luke aufriss - den Koffer in der einen und die Reissleine in der anderen Hand - wurde es mir plötzlich klar: Ich war noch nie ein Held gewesen; Gefahren war ich immer aus dem Weg gegangen, Schlichten ging schon immer vor Zahnverlust. Doch der Durchbruch zum Zurück, zur Lebenserhaltung, kam zu spät - der Unterdruck riss meinen Oberkörper mit unglaublicher Kraft durch die offene Kluft. Bis dahin hatte ich immer gedacht, in einem solchen Falle würde ich schreien und ein letzter Film liefe vor meinen Augen ab, doch die Angst (oder der Schock?) war so groß, dass meine Lungen in meinem krampfartig angespannten Brustkorb keine Bewegung mehr machten, ich hörte kein Geräusch, obwohl das Windgeräusch mir eigentlich das Trommelfell fast hätte zerreisen müssen; Ich fühlte nur die enorme Kraft des Soges nach draußen - in die Ohnmacht. Lange Bruchteile von Sekunden später realisierte ich, dass ich gar nicht fiel, sondern durch die Luft gezogen wurde. Erst jetzt kam der Schmerz: Mein Fuss hing zwischen der Luke und dem daneben befindlichen Sitz fest und war das einzige, was sich dem freien Fall nach unten widersetzte. Nun schrie ich, doch ich bin mir heute nicht mehr sicher ob der Schmerz der Grund war, oder die Tatsache, dass der Pilot seinen häßlichen Kopf aus der Luke steckte. Er bückte sich, und mir war klar, dass jetzt der freie Fall auf mich wartete; Seine Hand Griff meinen Knöchel, ich versuchte mein Bein in einem Anflug von Anwiderung und Willenlosigkeit von ihm loszuschütteln, unbewusst der Fakt der Ausweglosigkeit. Sein Griff war heftig, jedoch nicht so heftig wie meine Erschütterung, als er mich hinaufzog, in die grosse Geborgenheit seiner wunderbaren Maschine. Er sah mich fassungslos an, stammelte in seiner Sprache irgendeinen Kauderwelsch, unterbrochen von einem immerwiederkehrenden "Sorry". Er versuchte mir klarzumachen, dass er es nicht so gemeint hatte; Er umarmte mich fest, was sollte ich davon halten, doch komischer, der Häßliche schluchzte, und meine Schulter wurde feucht. Von solchen Momenten schon immer peinlich berührt, schob ich ihn sanft von mir und reichte ihm meine Hand; Von nun an sollten wir einander freundschaftlich gegenüberstehen. Unsere freundschaftlichen Versöhnung wurde abrupt von den Schüssen der feindlichen Maschinen unterbrochen, und von diesem Zeitpunkt an fehlt mir leider ein kleiner Abschnitt aus meinen Leben. Das nächste, was mein Gehirn mir zur Verfügung stellen möchte, ist der Moment als ich nach langer Zeit der totalen Finsternis wieder aufwache, geweckt von einem lästiger werdenden Schmerz im Bein. Über mir scheint die Sonne durch die Zweige.
Anonymous (Kittlitz@stud-mailer.uni-marburg.de) 72/126

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